Man schreibt das Jahr 1977, in ganz Vorarlberg wird die amerikanische Sportart Basketball, erfunden im Jahre 1891 am YMCA College in Springfield vom Professor James Naismith, gespielt – in ganz Vorarlberg? Nein, es gibt noch einen weißen Fleck auf der vorarlberger Basketballlandkarte! Aber auch dieser Fleck wird in diesem Jahr entfernt. Es ist dem Röntgologen Prim. Dr. Nikola Suwandschieff zu verdanken, dass das „Städtle“ sein Team bekam.
Dr. Suwandschieff, der aus Salzburg in die Alpenstadt kam, scharrte ein paar unerschrockene junge Wilde und einige doch schon gesetztere ältere Herrn um sich und gründete den BCO Bludenz (Basketballclub Oberland).
Aller Anfang ist schwer!
Ein Trainingslager in Bludenz im Juni 1977. Es gelang Dr. Suwandschieff den damaligen Herrennationaltrainer Herrn Zagursky nach Bludenz zu lotsen. Die Spieler, die sich aus ganz Vorarlberg rekrutierten, wohnten in der ehemaligen Handelsschule in der Jellerstrasse, dem heutigen Jugendzentrum. Mit dem Nationaltrainer weihten die Trainer Rudi Weber (aus Heidelberg), Wolfgang Macho (aus Wien ins Ländle gekommen) und Konditionstrainer Pepi Strasser die Spieler in die Geheimnisse dieser Sportart ein. Die Spieler lernten schnell, denn am Ende der Woche schlugen sie in einem Spiel ihre Trainer klar.
Bundesliga B
Unter dem Vorsitz von Herrn Suwandschieff wurde im Jahre 1978 die Vorarlberger Landesliga gegründet. Der erste Meister kam natürlich aus Bludenz! So wie auch im Folgejahr. Dann wurde es ernst, der BCO strebt Höherem zu, nämlich dem Aufstieg in die Bundesliga B. Um dies
umsetzen zu können holte Dr. Suwandschieff eine Granate nach Bludenz – den Polen Waldemar Kozak. Waldi, wie er genannt wurde, spielte über 200 mal für das polnische Nationalteam, nahm 1967, 1969 und 1971 an der Europameisterschaft teil und stand im Nationalteam bei den Olympiaden 1968 (Mexiko) und 1972 (München). In der Saison 1978/79 war er der beste Werfer in der Bundesliga A. Mit seiner Erfahrung und seiner Größe (202 cm) war der Aufstieg nur Formsache. Als 2. im Aufstiegsturnier war das große Ziel geschafft. In der Saison 1980/81 spielte der BCO als erstes Vorarlberger Team in der Bundesliga B! Um den Klassenerhalt zu
schaffen wurde das Team um Spielertrainer Waldi noch verstärkt. Mit dem Polen Jacek Dolczewski (der mit Waldi im Nationalteam gespielt hatte) wurde ein Hochkaräter in die Alpenstadt geholt. Der Klassenerhalt wurde souverän in diesem und im darauf folgendem Jahr geschafft.
Fredi Amann (kam aus Dornbirn), Jacek Dolczewski (kümmerte sich auf um den Nachwuchs und das Frauenteam), Gerhard Huber (eigener Nachwuchs), Hubert Hueller (eigener Nachwuchs), Dr. Michael Jeleff (kam aus Wien, war Arzt in Braz), Waldemar Kozak, Wolfgang Macho (kam 1978
aus Wien), Dieter Mareska (kam aus Bregenz), Markus Mittelberger (kam aus Dornbirn), Oliver van Dellen (eigener Nachwuchs) und Peter Zabika (kam aus Wien). Der BCO Bludenz schaffte den 3. Endrang.
Nun begann die Zeit der Spieler aus dem Mutterland des Basketballs – aus Amerika. Die ersten beiden kamen in der Saison 82/83 und konnten unterschiedlicher kaum sein. Beide waren weiß. Carl Rapp kam aus Bosten und war 205 cm gross und sein Partner Steve Gugliermo aus
Waterburry (Conneticut) war mit seinen 176 cm der kleinste Legionär den der BCO jemals hatte. Allerdings machte er diesen Grössennachteil durch eine unheimliche Sprungkraft wett. Die beiden ersetzten Jacek, der nach Berlin ging! Waldi war inzwischen Österreicher.
Es änderte sich einiges im Verein und vor allem in der Halle. Schon in der zweiten Saison in der B-Liga hatte der Basketballsport die Herzen der Bludenzer gegriffen. Die Tribüne der Wichnerhauptschulehalle war bis auf den letzten Platz gefüllt und die Zuschauer nutzten alles um Lärm zu machen. Sie brachten Sirenen, Schlagzeug mit oder bearbeiteten mit den Fäusten die Lüftungschächte. Es entstand ein Höllenspektakel. Treffen auf den Punkt gebracht wurde dieser Umstand von einem Artikel in der Tiroler Tageszeitung:
BASKETBALLZENTRUM IM WESTEN: BLUDENZ!
Mit Beginn der Basketball Bundesliga B hat sich eines herauskristallisiert. Bludenz ist die neue Basketballmetropole im Westen und hat Innsbruck den Rang abgelaufen! Jeder, der bisher in Gmunden oder Wels vor vollen Zuschauerrängen gespielt hat, glaubte: das ist ein Superpublikum. Auch die TI (Turnerschaft Innsbruck) hat, vor langer Zeit, einmal einen stimmkräftigen Anhang gehabt. Was sich aber in Bludenz abgespielt hat, kann sich kein Mensch vorstellen, der diesen Hexenkessel nicht erlebt hat: 400 bis 500 Personen, zusammengepfercht auf engstem Raum, beginnen genau mit dem 3-Minuten Pfiff der Schiedsrichter einen derartigen
Höllenspektakel, dass man ab diesem Zeitpunkt das eigene Wort nicht mehr versteht! Sprechchöre („Hier regiert der BCO!“, „Wir ziehen den Tirolern die Lederhosen aus!“, usw.) versetzen nervenschwache Spieler in einen schläfrigen Dämmerzustand, gellende Pfeifkonzerte und Drohungen veranlassen die Schiedsrichter, sich jeden Pfiff gegen die Heimmannschaft
genau zu überlegen, beim Freiwurf des Gegners rieselt der Kalk von den Wänden, beim eigenen jedoch herrscht plötzlich Grabesstille. Der Jubel beim Korberfolg gleicht bereits einem Erdbeben der Stärke 5 auf der Richterskala!
Die Saison 83/84 brachte die größten (an Körpergrösse gesehen) Spieler zum BCO. Steve Braken aus Washington mit 213 cm und Jacek Gourny mit 216 cm stießen zum Team. Die Größenvorteile brachten allerdings nicht den gewünschten Erfolg – nur die Hotelbesitzer in Innerösterreich verzweifelten, wenn die beiden ihr Bett am Boden der Zimmer richteten. Die Saison 1984/85 war die erfolgreichste überhaupt.
Bundesliga A
In der Besetzung Gerd Micheli (eigener Nachwuchs), Stefan Mentberger (eigener Nachwuchs), Gerhard Huber, Fredi Amann, Wolfi Macho, Waldi Kozak, Oliver van Dellen und dem besten Legionär den der BCO jemals hatte, Scott Haebe, gelang das Meisterstück, als B-Ligameister stieg man in die A-Liga auf! Die Zuschauer kamen in Massen und musste sogar um das Spielfeld herum untergebracht werden. Der ÖBV (österreichische Basketballverband) verbot diese Stehplätze. Aber für den BCO kein Problem! Ein paar der Zuschauer zimmerten ein Gestell in das man die Langbänke stecken konnte uns so entstand eine Tribüne rund um das Spielfeld. Es wurde nicht nur Basketball geboten – es war eine Show. Waldi schaute die Schiedsrichter noch grimmiger als sonst an und diese trauten sich noch weniger gegen das Heimteam zu pfeifen. Aber es nützte alles nichts – ohne einen Sieg musste man den Gang in die B-Liga antreten. Im
letzten Spiel der Saison 86/87 passierte das tragische – Scott Haebe verletzte sich nach dem Schlusspfiff (Sieg gegen Innsbruck und damit Klassenerhalt in der B-Liga) so schwer, dass er 1 ½ Jahre pausieren musste. So kamen die Legionäre und gingen auch wieder – nur Scott blieb als Lehrer im Gymnasium und Trainer des Nachwuchses. Mit einer eigens für ihn entworfenen Kniestütze spielte er nochmals und half mit, dass der BCO in der B-Liga blieb. Als er dann zurück nach Lakewood (bei Denver) ging, nahm er sich noch ein Andenken an seine Zeit in Bludenz mit, Klaudia Hirt, eine Spielerin der BCO-Damenmannschaft wurde seine Gattin. Erstmal wurden auch farbige Amerikaner als Legionäre verpflichtet, doch mit ihnen hatte der BCO keine Glücksgriffe getan. Jonny James erwies sich nicht als die gewünschte Verstärkung, er lief lieber mit seiner Soundmaschine auf der Schulter und voll aufgedreht durch´s Städtle, als zu trainieren und Carl Wright (ein ehemaliger NBA Spieler der von seinem Team gefeuert wurde) liebte das Nachtleben mehr als den Basketballsport – konnte aber, wenn er wollte ein Spiel alleine entscheiden, nur wollte er zu selten und der BCO spielte nur mehr gegen den Abstieg.
In den 90iger Jahre sollte alles neu werden, ein Jugoslawischer Trainer, Milan Dokic, wurde verpflichtet, der beim ersten Grenzübertritt nach Deutschland vom Zoll aus dem Bus geholt wurde, da er in Deutschland seiner Ex-Frau noch die Alimente schuldig geblieben war und erst
nach Auslösung durch Dr. Suwandschieff durfte er die Reise fortsetzen. Nach ihm kam Attila Horvath, der eigentlich als Trainer geholt wurde, sich dann aber zum Spielertrainer umfunktionierte. Der zweite Legionär kam aus dem damaligen Jugoslawien und hiess Camprag, ein Super 3 Punktewerfer. Doch im März 1992 passierte das unfassbare: Dr. Suwandschieff verstarb nach kurzer Krankheit. Der BCO spielte die Saison noch fertig, schaffte auch den Klassenerhalt. In der ausserordentlichen Jahreshauptversammlung im Juni 1992 im Gastaus Hirschen in Bludenz, wurde dann nach langen Diskussionen beschlossen, das Abenteuer B-Liga
zu beenden. Die finanziellen Möglichkeiten waren einfach nicht gegeben. Man merkte jedem Teilnehmer dieser Jahreshauptversammlung an, wie sehr es schmerzte. Das Amt des Obmanns übernahm an diesem Abend Oliver van Dellen. Er wurde unterstützt vom altgedienten Mitglied
Leo Simons. Gemeinsam wurden das Finanzchaos gelichtet und abgetragen. Zweimal noch schaffte es der BCO seit dieser Zeit, den Meistertitel in der Landesliga nach Bludenz zu holen. Nunmehr führt Mag. Roland Neyer den Verein als Obmann. Der Unterschied zu Bundesligazeiten? Seit 1992 wird mehr für den Nachwuchs getan! Das wurde in der Zeit von 1981 bis 1992 verabsäumt! Trotzdem war es für den Basketballsport im Ländle super einen Bundesligisten gehabt zu haben. Die Mannschaften aus Dornbirn und Feldkirch haben nun das Erbe des BCO angetreten!